Physik I, WS 1993/94
Lösungen zur Übung Nr. 6
Besprechung: 9. Dezember 1993
Aufgabe 1: (4 Punkte)
Wir bezeichnen mit $x_{1}$ und $x_{2}$ die Unterteilung der Stange, sodaß also $x_{1}+x_{2}=L$ ist. Das Drehmoment eines infinitesimalen Massenelements $dm=\rho A dx$, mit Querschnit $A$ und Dichte $\rho$, ist also

\begin{displaymath}
d\tau = g x dm = g \rho A x dx
\end{displaymath}

Daraus folgt, zusammen mit den beiden Massen $m_{1}$ und $m_{2}$:

$\displaystyle \tau_{1}$ $\textstyle =$ $\displaystyle m_{1} g x_{1} + g \rho A \int_{0}^{x_{1}} x dx
= m_{1} g x_{1} + \frac{1}{2} g \rho A x_{1}^{2}$  
$\displaystyle \tau_{2}$ $\textstyle =$ $\displaystyle m_{2} g x_{2} + g \rho A \int_{0}^{x_{2}} x dx
= m_{2} g x_{2} + \frac{1}{2} g \rho A x_{2}^{2}$  

Im Gleichgewicht muß $\tau_{1}=\tau_{2}$ sein, daher

\begin{displaymath}
\frac{1}{2} \rho A x_{1}^{2} + m_{1} x_{1} = \frac{1}{2} \rho A x_{2}^{2}
+ m_{2} x_{2}
\end{displaymath}

Elimination von $x_{2} = L-x_{1}$ ergibt:

\begin{displaymath}
\rho A x_{1}^{2} +2m_{1}x_{1} = \rho A (L^{2} -2Lx_{1} +x_{...
...- 2L\rho A x_{1} + \rho A x_{1}^{2}
+2m_{2} L - 2m_{2} x_{1}
\end{displaymath}

oder

\begin{displaymath}
x_{1} = \frac{\rho A L^{2} + 2m_{2} L}{2m_{1} + 2m_{2} + 2\rho A L}
\end{displaymath}

Einsetzen der Masse $M=\rho A L$ der Stange ergibt das Endergebnis

\begin{displaymath}
x_{1} = \frac{1}{2} \left( \frac{M+2m_{2}}{M+m_{1}+m_{2}} \right) L
\end{displaymath}

Entsprechend folgt aus Symmetriegründen:

\begin{displaymath}
x_{2} = \frac{1}{2} \left( \frac{M+2m_{1}}{M+m_{1}+m_{2}} \right) L
\end{displaymath}

Zahlenwerte:

\begin{displaymath}
\underline{x_{1}=1,16 \; m} \; \; \; \; \; \; \; \; \; \;
\underline{x_{2}=0,84 \; m}
\end{displaymath}

Aufgabe 2: (6 Punkte)
a) Der Drehimpuls vor dem Aufprall ist $L_{1}=m v L/2$, der Drehimpuls nach dem Aufprall $L_{2}=(1/12) M L^{2} \omega + m(L/2)^{2} \omega$, wobei wir das Trägheitsmoment $I_{s}=(1/12) M L^{2}$ einer homogenen Stange aus der Vorlesung übernommen haben. Drehimpulserhaltung ergibt:

\begin{displaymath}
m v \frac{L}{2} = \frac{1}{12} M L^{2} \omega + m\frac{L^{2...
... \rightarrow \; \; \; \; \;
\omega = \frac{2mv}{(M/3 + m)L}
\end{displaymath}

Zahlenwerte: $\underline{\omega = 18,2 \; s^{-1}}$.
b) Falls die Achse nicht durch den Mittelpunkt verläuft, gilt nach dem Steinerschen Satz für den Drehimpuls nach dem Stoß:

\begin{displaymath}
L_{2} = (\frac{1}{12} M L^{2} + M x^{2} ) \omega + m(\frac{...
...+ m L x + \frac{L^{2}}{4} ( \frac{M}{3} + m)
\right) \omega
\end{displaymath}

Gleichsetzen der Drehimpulse vor und nach dem Stoß führt jetzt auf:

\begin{displaymath}
\omega = \frac{m v (L/2 + x)}{(M+m) x^{2} + m L x +
(L^{2}/4) ( M/3 + m) }
\end{displaymath}

Die Extremalbedingung $d\omega /dx = 0$ ergibt nach einiger Rechnung:

\begin{displaymath}
x_{max} = - \frac{L}{2} + \sqrt{\frac{M/3+m/2}{M+m}} L \; \...
..._{max} = x_{max}+\frac{L}{2} =
\sqrt{ \frac{M/3+m/2}{M+m}} L
\end{displaymath}

Einsetzen der Zahlenwerte ergibt $\underline{x_{max} = 0.082 \; m}$. Der Wert liegt also nur unwesentlich von der Stangenmitte entfernt. Die Winkelgeschwindigkeit im Maximum ist $\underline{\omega_{max} = 19,14 \; s^{-1}}$.

Aufgabe 3: (6 Punkte)
Wir zerlegen den Kreiskegel in Scheiben der Dicke $dz$ und Radius $r = R(1-z/H)$. Die Masse einer Kreisscheibe ist $dm= \rho \pi r^{2} dz = \rho \pi R^{2} (1-z/H)^{2} dz$. Die Masse des gesamten Kreiskegels ist $M = (1/3) \rho \pi R^{2} H$.

a) Aus Symmetriegründen liegen die $x$- und $y$- Koordinaten des Schwerpunktes bei $x_{s} = 0$ und $y_{s} = 0$. Für die $z$- Koordinate folgt nach Definition:

\begin{displaymath}
y_{s} = \frac{1}{M} \int_{0}^{H} z dm = \frac{\rho \pi R^{2...
...} (1-\frac{z}{H})^{2} z dz = \frac{\rho \pi R^{2}}{12M} H^{2}
\end{displaymath}

Ausgedrückt mit der Gesamtmasse folgt:

\begin{displaymath}
\underline{y_{s} = \frac{H}{4}}
\end{displaymath}

b) Das Trägheitsmoment einer Kreisscheibe ist nach Vorlesung

\begin{displaymath}
dI = \frac{1}{2} r^{2} dm
\end{displaymath}

Integration von 0 bis $H$ ergibt

\begin{displaymath}
I = \int dI = \frac{1}{2} \rho \pi R^{4} \int_{0}^{H} \left...
...c{1}{10} \rho \pi R^{4} H =
\underline{\frac{3}{10} M R^{2}}
\end{displaymath}

Aufgabe 4: (Bonusaufgabe) (10 Punkte)
a) Bei der $z$- Achse als Rotationsachse ist $r_{z}^{2} = x^{2} + y^{2}$ und damit
$\displaystyle I_{z}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \rho \int r_{z}^{2} dV =
2 \rho \int_{0}^{h} \int_{0}^{a(1-x/h)} \int_{-D/2}^{D/2}
(x^{2} + y^{2}) dz dy dx$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle 2 \rho D \int_{0}^{h} \int_{0}^{a(1-x/h)}
(x^{2}+y^{2}) dydx$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle 2\rho D \int_{0}^{h} \left[ x^{2} a (1-\frac{x}{h})
+ \frac{1}{3} a^{3} (1-\frac{x}{h})^{3} \right] dx$  

$D$ ist hierbei die Dicke der Platte. Das gleiche Ergebnis erhält man auch leicht mit Hilfe des Steinerschen Satzes. Wir unterteilen das Dreieck in infinitesimale dünne Stangen:

Eine Stange hat die Masse $dm=2\rho D y dx = 2\rho D a (1-x/h)dx$ und Länge $2y = 2a(1-x/h)$. Das Trägheitsmoment einer dünnen Stange der Länge $2y$, deren Rotationsachse den Abstand $x$ vom Schwerpunkt der Stange hat, ist nach Vorlesung $dI_{z} = (1/12)(2y)^{2} dm + x^{2} dm$. Daher

$\displaystyle I_{z}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \int_{0}^{h} dI_{z} = \int_{0}^{h} (\frac{1}{12} (2y)^{2}
+ x^{2}) dm = \int_{0}^{h} (\frac{1}{3} y^{2} + x^{2}) dm$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle 2\rho D \int_{0}^{h} \left[ x^{2} a (1-\frac{x}{h})
+ \frac{1}{3} a^{3} (1-\frac{x}{h})^{3} \right] dx$  

Dieses ist offensichtlich dasselbe Ergebnis wie oben. Dieses Integral wird gelöst durch (mit $M=\rho D a h$)

\begin{displaymath}
I_{z} = \frac{1}{6} M (h^{2} + a^{2})
\end{displaymath}

b) Bei Rotation um die $x$- Achse gilt entsprechend:


\begin{displaymath}
I_{x} = \int_{0}^{h} dI_{x} = \int_{0}^{h} \frac{1}{12} (2y...
..._{0}^{h} (1-\frac{x}{h})^{3} dx
= \frac{1}{6} \rho D a^{3} h
\end{displaymath}

Mit $M=\rho D a h$ folgt:

\begin{displaymath}
I_{x} = \frac{1}{6} M a^{2}
\end{displaymath}

Bei Rotation um die $y$- Achse:


\begin{displaymath}
I_{y} = \int_{-a}^{a} dI_{y} = 2 \int_{0}^{a} \left( \frac{1}{12} x^{2}
+ ( \frac{x}{2} )^{2} \right) dm
\end{displaymath}

Hier ist aber jetzt $dm=\rho D x dy$ und $x=h(1-y/a)$. Daher
$\displaystyle I_{y}$ $\textstyle =$ $\displaystyle 2 \int_{0}^{a} \frac{1}{3} x^{2} dm = \frac{2}{3} \rho D h^{3}
\int_{0}^{a} (1-\frac{y}{a})^{3} dy$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{1}{6} \rho D h^{3} a = \frac{1}{6} M h^{2}$  

Damit haben wir die Beziehung

\begin{displaymath}
I_{z} = \frac{1}{6} M (a^{2}+h^{2}) = \frac{1}{6} M a^{2} +
\frac{1}{6} M h^{2} = I_{x} + I_{y}
\end{displaymath}

verifiziert.
c) Bei der allgemeinen Beweisführung kommt man natürlich an den dreidimensionalen Integralen nicht vorbei. Es ist
$\displaystyle I_{x}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \rho \int \int \int (y^{2}+z^{2}) dV$  
$\displaystyle I_{y}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \rho \int \int \int (x^{2}+z^{2}) dV$  
$\displaystyle I_{z}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \rho \int \int \int (x^{2}+y^{2}) dV$  

Das Trägheitsmoment $I_{y}$ läßt sich schreiben als

\begin{displaymath}
I_{y} = \rho \int \int \left( \int_{-D/2}^{D/2} (x^{2}+z^{2...
...eft[ x^{2} z + \frac{1}{3}
z^{3} \right]_{-D/2}^{D/2} dx dy
\end{displaymath}

oder

\begin{displaymath}
I_{y} = \rho \int \int \left( x^{2} D + \frac{1}{12} D^{3} ...
... dx dy
= \rho D \int \int (x^{2} + \frac{1}{12} D^{2}) dx dy
\end{displaymath}

Nach Vorraussetzung ist aber $D$ klein gegenüber $a$ und $h$, daher kann der Term mit $D^{2}$ vernachlässigt werden. Wir erhalten also

\begin{displaymath}
I_{y} = \rho D \int \int x^{2} dx dy
\end{displaymath}

Analog:

\begin{displaymath}
I_{x} = \rho D \int \int y^{2} dx dy
\end{displaymath}

Dann ist aber
$\displaystyle I_{z}$ $\textstyle =$ $\displaystyle \rho \int \int \left( \int_{-D/2}^{D/2} (x^{2}+y^{2}) dz \right)
dx dy = \rho D \int \int (x^{2} + y^{2}) dx dy$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle \rho D \int \int x^{2} dx dy + \rho D \int \int y^{2} dx dy$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle I_{x} + I_{y}$  

Aufgabe 5: (4 Punkte)
Zu Beginn sei der Drehimpuls des Kreisels $L_{K}= L_{K,z}$ in Richtung der $z$- Achse. Bei Drehung der Kreiselachse um den Winkel $\alpha$ wird die $z$- Komponente verkleinert zu $L_{K,z} = L_{K} cos\alpha$. Die Differenz $L_{S,z} = L_{K} (1-cos\alpha)$ wird auf den Stuhl übertragen. Die anderen Komponenten des Drehimpulses werden von den Stuhlhalterungen und der Physikerin abgefangen. Die kinetische Energie des Kreisels bleibt bei der Drehung der Kreiselachse erhalten. Die Änderung der kinetischen Energie wird allein durch die Drehung des Stuhls verursacht:

\begin{displaymath}
\Delta E = \frac{1}{2} I_{S} \omega_{S}^{2} = \frac{1}{2} I...
...2} \frac{I_{K}^{2}}{I_{S}} \omega_{K}^{2}
(1-cos\alpha)^{2}
\end{displaymath}

Die Winkelgeschwindigkeit des Stuhls ergibt sich zu

\begin{displaymath}
\omega_{S} = \sqrt{\frac{2 \Delta E}{I_{S}}} = \frac{I_{K}}{I_{S}}
\omega_{K} (1-cos\alpha)
\end{displaymath}

Einsetzen der Zahlenwerte führt auf die folgende Tabelle:
$\alpha \; [Grad]$ $\Delta E \; [J]$ $\omega \; [s^{-1}]$
     
45 0.00057 0.020
90 0.0067 0.067
135 0.019 0.11
180 0.027 0.13




Harm Fesefeldt
2007-08-06