Ergänzungen zur Signalübertragung auf Kabeln
Die Signalübertragung auf Kabeln ist eines der wichtigsten Gebiete der Experimentalphysik und Informatik. Insbesondere das Koaxialkabel gehört zum Standard eines jeden Labors.
Aufgabe 1: Zeigen Sie, daß die Induktivitätsbelegung und Kapazitätsbelegung eines Koaxialkabels durch

\begin{displaymath}
L^{\ast} = \frac{\mu}{2 \pi} \; ln \left( \frac{r_{2}}{r_{1}...
... \; \; C^{\ast} = \frac{2\pi \epsilon}{ln(r_{2}/r_{1})} \; F/m
\end{displaymath}

gegeben sind. Zur Erinnerung seien die folgenden Formeln noch einmal zusammengefaßt:

\begin{displaymath}
\oint \vec{E} \cdot d\vec{A} = \frac{\lambda l}{\epsilon}, \...
...int_{A} \vec{B} \cdot d\vec{A}, \; \; \; \; \; \Phi_{m} = L I.
\end{displaymath}


Im folgenden Ersatzschaltbild berücksichtigen wir neben der Induktivitätsbelegung und der Kapazitätsbelegung noch den Omschen Widerstand pro Längeneinheit $R^{\ast}$, sowie die Leitfähigkeit pro Längeneinheit $G^{\ast}$ durch das Dielektrikum.
Die Differenz der Spannung und des Stromes pro Längeneinheit sind dann durch

\begin{displaymath}
\Delta U(z,t) = - R^{\ast} I(z,t) \Delta z - L^{\ast} \frac{...
...lta z - C^{\ast} \frac{\partial U(z,t)}
{\partial t} \Delta z
\end{displaymath}

gegeben. Daraus folgen die beiden gekoppelten Differentialgleichungen

\begin{displaymath}
\frac{\partial U}{\partial z} = - R^{\ast} I - L^{\ast}
\fr...
... z} = - G^{\ast} U - C^{\ast}
\frac{\partial U}
{\partial t}.
\end{displaymath}


Aufgabe 2: Wie lautet die allgemeine Wellengleichung für die Spannung $U(z,t)$ ?
Für das verlustfreie Kabel wird $R^{\ast} = 0$ und $G^{\ast} = 0$ gesetzt. Dann gilt die Wellengleichung (siehe Aufgabe 2)

\begin{displaymath}
\frac{\partial^{2} U}{\partial z^{2}} = L^{\ast} C^{\ast}
\frac{\partial^{2} U}{\partial t^{2}},
\end{displaymath}

mit der Phasengeschwindigkeit $v_{ph} = 1/\sqrt{L^{\ast} C^{\ast}}$. Für das verlustfreie Kabel (und nur für dieses) hat man also keine Dispersion.
Aufgabe 3: Wie lautet die Wellengleichung für den Strom $I$ beim verlustfreien Kabel ?
In der Ableitung dieser Wellengleichungen wurde die spezielle Geometrie des Kabel nicht betrachtet. Entsprechende Gleichungen gelten also für alle Kabel mit konstanter paralleler Geometrie, bei denen $L^{\ast}$, $C^{\ast}$, $R^{\ast}$ und $G^{\ast}$ nicht von der Ausbreitungsrichtung $z$ abhängen. Die Phasengeschwingkeit ist andererseits auch durch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Welle im Dielektrikum gegeben. Diese ist aber $v_{ph} = 1/\sqrt{\epsilon \mu}$. Daher muß auch $L^{\ast} C^{\ast} = \epsilon \mu$ sein.
Die charakteristische Impedanz eines Kabels ist definiert durch $Z = U/I$.
Aufgabe 4: Zeigen Sie, daß für die charakteristische Impedanz $Z = \sqrt{L/C}$ gilt.
Typische Koaxialkabel haben eine Impedanz zwischen $50 \; \Omega$ und $200 \; \Omega$. Die allgemeine Lösung der Wellengleichung für die Spannung ist $U(z,t) = f(z - v t) + g(z + vt)$, d.h. eine Überlagerung der einlaufenden Welle mit einer reflektierten Welle.
Aufgabe 5: Auf einer Leitung mit Impedanz $Z$ läuft ein Spannungspuls $U_{0}$ auf einen Abschlußwiderstand $R$ zu. Zeigen Sie, daß der reflektierte Puls durch

\begin{displaymath}
U_{r} = \frac{R - Z}{R + Z} V_{0}
\end{displaymath}

gegeben ist.
Wir sehen also, daß man einen reflektionsfreien Abschluß nur für $R = Z$ erhält (siehe auch Aufgabe 3 der Heimübungen). Weitere Anwendungen dieser Formel sind in der folgenden ehemaligen Klausuraufgabe gegeben:
Aufgabe 6: Zwei Koaxialkabel mit den Impedanzen $Z_{1}$ und $Z_{2}$ sollen miteinander verbunden werden. Ein Signal wird vom ersten Leiter in den zweiten Leiter geschickt. Damit keine Reflexionen auftreten, müssen Sie die Verbindungsstelle mit einem ohmschen Widerstand $R$ in einer geeigneten Scahltung überbrücken. Wie sieht die Schaltung aus und wie groß muß der Widerstand $R$ sein, wenn a) $Z_{1} < Z_{2}$ und b) $Z_{1} > Z_{2}$ ist ?
Lösungen
Aufgabe 2: Einsetzen von $\partial^{2} I/\partial z \partial t =
- G^{\ast} \partial U/\partial t - C^{\ast} \partial^{2} U/\partial t^{2}$ und $\partial I/\partial z = - G^{\ast} U - C^{\ast} \partial U/\partial t$ in die Gleichung $\partial^{2}U/\partial z^{2} = -L^{\ast} \partial^{2}I/\partial z
\partial t - R^{\ast} \partial I/\partial z$ liefert die Wellengleichung

\begin{displaymath}
\frac{\partial^{2} U}{\partial z^{2}} = L^{\ast} C^{\ast} \f...
...C^{\ast}) \frac{\partial U}{\partial t} + R^{\ast} G^{\ast} U.
\end{displaymath}

Der Term $(L^{\ast} G^{\ast} + R^{\ast} C^{\ast})$ ist offensichtlich ein Dämpfungsterm.
Aufgabe 3: Die Herleitung ist exakt gleich der Herleitung in Aufgabe 2, nur das $L^{\ast}$ und $C^{\ast}$ bzw $R^{\ast}$ und $G^{\ast}$ vertauscht werden müssen. Dieses führt aber zum gleichen Endergebnis. Daher (für das verlustfreie Kabel):

\begin{displaymath}
\frac{\partial^{2} I}{\partial z^{2}} = L^{\ast} C^{\ast} \frac{\partial^{2} I}
{\partial t^{2}}.
\end{displaymath}

Aufgabe 4: Wir nehmen eine Lösung $U(z,t) = U_{0} e^{i(\omega t - kz)}$ und $I(z,t) = I_{0} e^{i(\omega t - kz + \varphi)}$, wobei der Strom also phasenverschoben gegenüber der Spannung sein kann. Dann ist $\partial U/\partial z = - i k U$, $\partial I/\partial z = - i k I$, $\partial U/\partial t = i \omega U$ und $\partial I/\partial t = i \omega I$. Einsetzen dieser Ausdrücke in $(\partial U/\partial z)/(\partial I/\partial z)
= (L^{\ast}/C^{\ast}) (\partial I / \partial t)/(\partial U/\partial t)$ ergibt:

\begin{displaymath}
\frac{U}{I} = \frac{L^{\ast}}{C^{\ast}} \frac{I}{U} \; \; \;...
...; \; \; \; Z = \frac{U}{I} = \sqrt{\frac{L^{\ast}}{C^{\ast}}}.
\end{displaymath}


Aufgabe 5: Für den einlaufenden Puls gilt $Z = U_{0}/I_{0}$, für den reflektierten entsprechend $Z = U_{r}/(-I_{r})$. Ströme haben eine Richtung, daher ein Minuszeichen ! Im Widerstand gilt $R = (U_{0} + U_{r})/(I_{0} + I_{r})$. Zusatzfrage: Warum warum muß der reflektierte Strom hier positiv eingesetzt werden ? Aus der letzten Formel erhalten wir mit dem Reflexionskoeffizienten $\rho = U_{r}/U_{0}$:

\begin{displaymath}
R = \frac{1 + U_{r}/U_{0}}{I_{0}/U_{0} + I_{r}/U_{0}} = \frac{1 + \rho}
{1/Z + I_{r}/U_{0}}.
\end{displaymath}

Wegen $I_{r}/U_{0} = - (1/Z) \rho$ folgt $R = Z (1 + \rho)/(1-\rho)$. Dieser Ausdruck kann in bekannter Weise umgeformt werden in $\rho = (R-Z)/(R+Z)$.
Aufgabe 6:
a) Wenn $Z_{1} < Z_{2}$ ist, so sieht das Signal eine größere Impedanz. Die Impedanz muß also reduziert werden. Dieses erreicht man durch eine Parallelschaltung des Widerstandes $R$.
Dann folgt $Z_{1} = R Z_{2}/(R+Z_{2})$ und $R = Z_{1} Z_{2}/(Z_{2} - Z_{1})$.
b) Im Fall $Z_{1} > Z_{2}$ muß die Impedanz vergrößert werden, daher benötigt man eine Serienschaltung:
In diesem gilt also: $Z_{2} + R = Z_{1}$ und $R = Z_{1} - Z_{2}$.



Harm Fesefeldt
2007-12-19